12/09/2016

Gewaltfreie Kommunikation – die Sprache des Herzens – Trennender Sprachgebrauch

By Bela Janine Höfer

September 12, 2016


Wir gehen in der GfK davon aus, dass die Menschen ein von Grund auf einfühlsames Wesen haben, das durch ungünstige äußere Umstände verschütt gehen kann. Neben ganz offensichtlichen Dingen wie körperlicher oder seelischer Gewalt, hat vor allem auch unsere Sprache einen ganz wesentlichen Einfluss darauf, wie einfühlsam und im Kontakt wir mit uns selbst und mit anderen sind.
Marshall Rosenberg hat sich diesen Aspekt der Sprache sehr genau angesehen. Das, was er als Gewalt bezeichnet, ist zunächst nur sehr subtil als Gewalt erkennbar, weil wir uns schon so sehr daran gewöhnt haben, auf diese Art miteinander zu sprechen. Wenn man aber anfängt, die Sprache wieder anders zu verwenden, wird immer deutlicher, wie wenig hilfreich und verletzend diese alte Art der Kommunikation ist.

„Wenn wir im Kontakt mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen sind, dann sind wir keine guten Befehlsempfänger mehr“

– Marshall Rosenberg –

Die Ursache für die trennende Kommunikation sieht M. Rosenberg in hierarchischen Gesellschaften, die daran interessiert sind, dass Menschen nicht mehr wahrnehmen, was wirklich in ihnen vorgeht, da sie dann besser steuerbar sind. Wenn man einem Menschen von klein auf das Gefühl gibt, dass er erst noch „zu etwas werden muss“, dass er erzogen werden muss, damit ein guter Mensch aus ihm wird, man ihm jahrelang das Gefühl gibt, etwas stimmt nicht mit ihm, dann bleibt einem Kind nichts anderes übrig, als sich von seinem Inneren abzuschneiden. Ist man von seinem inneren Wissen abgeschnitten, bleibt nur die Orientierung im Außen.

Die folgenden Kommunikationsarten verfestigen diese innere und äußere Trennung

Moralische Urteile

Hinter moralischen Urteilen steckt der Glaube, dass das eigene Denken/Fühlen die absolute Wahrheit ist. Bewusst hinterfragt fällt es einem evtl. noch auf, dass ja jeder seine eigene Wahrheit hat und für sich entscheiden darf, was gefällt. Aber in emotionalen Momenten erwische ich mich auch heute noch dabei, wie ich mich zunächst im Recht fühle. Ganz einfach, weil die eigene Sicht auf die Dinge eben näher liegt. Es bedarf ein wenig Übung, sich in so einer Situation auch in den anderen hineinzuversetzen.
„Das geht doch nicht.“, „Wie kannst Du nur?“, „Das ist total unangemessen“, „Du bist Schuld“, „So ein Idiot“ usw. sind alles Formen von Verurteilungen, bei denen sich eine Seite im Recht fühlt.

Vergleichen

M. Rosenberg sieht im Vergleichen ebenfalls eine Form von Verurteilung. Ich verurteile mich selbst, weil ich nicht gut genug, nicht schön genug, nicht groß genug etc. bin. Oder ich verurteile jemand anderen, weil er nicht so freundlich ist wie XY, das Essen nicht so lecker schmeckt wie bei Muttern usw. Wenn ich vergleiche, bin ich immer im Außen, immer bei dem, was NICHT ist, anstatt bei mir und der Realität zu bleiben. Ich entferne mich also total von meinem Sein.

Verantwortung leugnen

Ganz besonders destruktiv erlebe ich das Thema Verantwortung leugnen. Denn damit kann man jegliche Gesprächsgrundlage binnen Sekunden zunichte machen. Vielleicht hast du schon mal erlebt, dass du als unzufriedener Kunde bei der Servicehotline deinen Unmut äußerst und man dir freundlich aber bestimmt sagt, da kann ich leider nichts machen, so sind die Vorschriften. Zack, schon ist das Gespräch beendet. Was will man da auch noch sagen? Wir haben etliche Formulierungen in unserer Sprache, die dazu führen, dass wir nicht mehr die Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Wir „müssen“ Dinge tun, „konnten nicht anders“, fühlten uns „gezwungen“, weil jemand anderes … gemacht hat, „das ging nicht anders“ usw.

Forderungen

Forderungen verwenden wir häufig, wenn wir uns etwas von anderen Wünschen. Zum Beispiel ein bestimmtes Verhalten oder dass etwas für uns getan wird. Leider wird dies oft auf eine Art kommuniziert, die kein „Nein“ mehr zulässt. Daran erkennt man eine Forderung: ein „Nein“ ist nicht akzeptabel.

Beurteilungen, Lob & Strafe

Der andere fühlt sich dann genötigt zu tun, was gefordert wurde, weil befürchtet wird, dass ansonsten eine Strafe zu erwarten ist. Das kann offensichtlich sein, z.B. indem man ausgeschimpft wird. Aber auch Manipulationen wie Schmollen oder Liebesentzug sind Formen von Bestrafungen.
Weniger offensichtlich ist wiederum das Thema Loben. Wir werden alle gerne gelobt, es schmeichelt das Ego, etwas „gut gemacht„ zu haben. Aber letztendlich steckt auch dahinter eine Bewertung, auch wenn sie einem guten Zweck diesen soll.
Nun fragst Du Dich vielleicht, wieso es falsch sein soll zu loben, wenn es doch so gut tut und auch gut gemeint ist. Es ist aber so, dass daraus entstehen kann, dass die Dinge am Ende nur noch des Lobes wegen gemacht werden. Weil es sich so schön anfühlt, gelobt zu werden und nicht, weil es tatsächlich dem eigenen Herzenswunsch oder dem Wunsch nach gegenseitiger Bedürfniserfüllung entspricht. Es kann passieren, dass der Kontakt zum Innersten verloren geht, auf der Suche nach dem nächsten Lob.
Hast du schon mal vom Unterschied zwischen der intrinsischen und der extrinsischen Motivation gehört? Also die, die von innen heraus (intrinsisch) kommt und die, die von außen kommt (extrinsisch)? Letztere wird gefördert durch Lob und Strafe, führt evtl. zum gewünschten Ziel, verbindet den Menschen aber nicht mit seiner inneren Motivation. Das gewünschte Verhalten hört meist auf, sobald Lob und Strafe nicht mehr gegeben sind.
Schafft man es dagegen, die intrinsische Motivation zu stärken, dann wird das Verhalten dauerhaft beibehalten, da man in sich einen Grund gefunden hat, warum man sich gerne auf diese Art verhält.

Zustimmung/Sympathisieren

Ebenfalls gerne gemacht, weil es nett zu sein scheint und auch meistens so gemeint ist, ist das Sympathisieren. Man möchte Verständnis zeigen für die erlebte Situation. Also Sätze wie „Das kenne ich.“, „Das ist typisch.“, „Das geht mir auch so.“. Auch dabei erwische ich mich immer wieder mal, weil dahinter wirklich eine gut gemeinte Intention steckt.
Letztendlich verhindern solche Formulierungen aber auch wieder den Kontakt zu dem, was gerade gefühlsmäßig lebendig ist. Mit Sätzen wie „Das ist mir auch schon passiert.“ geht der Fokus zudem völlig weg vom anderen, hin zu meiner eigenen Geschichte. Dadurch verliert die Person, die von sich berichtet hat häufig die Verbindung zu sich selbst.

Trösten

Auch so was wie  „Nimm dir das nicht so zu Herzen.“ und „Wird schon wieder gut.“ sind völlig nett gemeinte Versuche, dem anderen sein Leben zu erleichtern. Wir leben in einer Zeit, in der wir gelernt haben, Gefühle zu unterdrücken, weg zu machen, anstatt sie wahrzunehmen. Wir haben häufig gar nicht gelernt, mit Trauer, Wut oder anderen Emotionen umzugehen. Also können wir sie dem anderen auch nicht lassen. Dabei ist es so, dass Gefühle, die ihren Raum haben dürfen, von ganz alleine wieder verschwinden. Das wirklich Unanagenehme entsteht dadurch, dass wir gegen unsere Emotionen ankämpfen.

Interpretationen

Interpretationen sind Vermutungen, die wir über das Verhalten andere anstellen. Manchmal mögen wir richtig liegen, aber häufig auch nicht. Sie entsprechen immer nur dem, was wir selbst erlebt haben oder wahrnehmen können. Sie befinden sich auf der Ebene der Gedanken und sind damit das Gegenstück von dem, was auf der Gefühlsebene lebendig ist.

Was ist anders bei der Gewaltfreien Kommunikation?

In der Gewaltfreien Kommunikation nehmen wir wahr, was gerade lebendig ist. Wir fördern durch unsere Worte den Kontakt zu den Gefühlen und Bedürfnissen. Und zwar sowohl zu unseren eigenen, als auch zu denen des anderen. Durch einfühlsames Zuhören können wir unseren Gesprächspartner dabei unterstützen, dass das innere Erleben wahrgenommen wird. Wir spüren was ist, statt zu denken was sein sollte.

Der Fokus wird also auf die Gefühle und die dahinter liegenden Bedürfnisse gerichtet. Anstatt jemanden zu beschuldigen, dass er sich auf eine bestimmte Art verhalten hat („Du bist so was von faul!“), sprechen wir davon, welches Bedürfnis durch dieses Verhalten nicht erfüllt ist („Ich bin so erschöpft gerade und brauche Unterstützung“). Der Vorteil ist, dass man auf diese Weise wesentlich besser gehört wird mit dem eigenen Anliegen. Wird man verurteilt oder beschimpft, ist die spontane Reaktion meist Abwehr, die Schotten werden dicht gemacht. Alles,was dann noch gesagt wird, prallt ab. Es ist also hilfreich, wenn ich die Verantwortung für meine Gefühle (Ärger, Erschöpfung) übernehme und in diesem Wissen dem anderen begegne. Es ist deutlich erlebbar, ob mich jemand verurteilt für mein Verhalten (mir die Schuld gibt) oder ob die Verantwortung für die eigene Reaktion selbst getragen wird.

Bist Du neugierig geworden, wie das funktionieren kann? Im Detail erkläre ich das in den 4 Schritten in den folgenden Artikel.


Folgende Artikel gehören zu dieser Serie

Bela Janine Höfer

Seit fast 30 Jahren erforsche ich das Feld der Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie und Spiritualität. Und vermutlich werde ich nicht mehr damit aufhören, denn es hört nicht auf spannend zu sein. 

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