02/02/2017

Mach Schluss mit Deinen Schuldgefühlen

By Bela Janine Höfer

Februar 2, 2017


In einem gewissen Maß kennt sie wohl jeder: Schuldgefühle. Man macht etwas, was man später bereut, weil man sich darüber bewusst wird, dass jemand anderes darunter leidet/gelitten hat oder es irgendwelche anderen negativen Konsequenzen hat.
Besonders häufig höre ich von Müttern, dass sie ihre Schuldgefühle quälen. Und zwar die Mütter, die sich sowieso schon viele Gedanken machen. Mütter, die sehr reflektiert ihre Mutterrolle wahrnehmen und dabei vor allem im Blick haben, was sie alles nicht richtig machen. Wie Du sie loswerden kannst, erfährst Du in diesem Artikel.

Schuldgefühle sind eine (unnötige) Last

So ging es auch mir, als meine Tochter noch klein und ich häufig an meine Grenzen gekommen war. Es war offensichtlich für mich zu sehen, dass ich ihr nicht immer alles das geben konnte, was ich meinte, was eine Mutter zu geben hätte. Ich war ungeduldig, genervt, angestrengt, hatte keine Lust zu spielen usw. Natürlich nicht immer. Aber mehr als mir lieb war.
Ich hatte mich doch so sehr auf mein Muttersein gefreut. Hatte ein Bild vor Augen, wie schön das sein würde. Und dann wurde ich mit der knallharten Realität konfrontiert. Mir war nicht klar, wie anstrengend es ist, Mutter zu sein und mir war auch nicht klar, was da alles noch für Themchen in mir schlummerten, die nun auf den Tisch kamen. Ich wusste nicht, dass es schwierig wird etwas zu geben, was ich selbst nicht bekommen hatte, bzw. ich wusste bis dahin nicht, wo ich selbst im Mangel war. Kurz: Ich konnte nicht die Supermutter sein, die ich sein wollte. Ich habe meine Defizite mitbekommen und konnte nichts dagegen tun. Jedenfalls nicht von jetzt auf gleich. Das war frustrierend und so haben mich Schuldgefühle im Alltag begleitet.

Eine Veränderung gab es erst, als eine Freundin zu mir sagte, es ist okay, wenn Du nicht so gut darin bist, ausgiebig zu spielen. Das Kind hat ja auch noch einen Vater. Du kannst andere Dinge besonders gut. Und das stimmt. Ich bin gut darin zu trösten, Gefühle finden bei mir ihren Raum. Ich bin da, fühle mit und ich bekomme mit, was los ist. Dass dies eine besondere Eigenschaft ist, hatte ich bis dahin noch gar nicht so wahrgenommen. Das war für mich selbstverständlich. Und das es okay ist, nicht in allem perfekt zu sein, war mir bis dahin scheinbar auch fremd. Aus heutiger Sicht muss ich fast darüber lachen, wie tief ich in meinem perfektionistischem Denken feststeckte. Aber damals war es überhaupt nicht lustig. Zum Glück wurde mir klar, was für einen überzogenen Anspruch in an mich hatte. Dieses Bild loszulassen war eine große Erleichterung für mich.

Überprüfe Deinen Anspruch

Schuldgefühle entstehen vereinfacht gesagt dadurch, dass das Handeln nicht dem entspricht, was wir für richtig halten. Man lässt sich etwas „zu Schulden kommen“. Das kann passieren, weil Du nicht Deinen Werten entsprechend handelst. Dann ist es ein sinnvolles Warnsignal. Es kann aber auch sein, dass Du einem fremden Bild zu entsprechend versuchst. Das gilt es zu prüfen.

Ein möglicher Schritt, um Dich von Schuldgefühlen zu befreien ist also, Deinen Anspruch zu überprüfen. Ist das, was Du da von Dir forderst, sei es nun als Mutter, Vater, Angestellte/r, Freund/in, Partner/in usw. wirklich Dein Anspruch? Und ist das, was Du da von Dir erwartest realistisch?
Dazu kann es hilfreich sein, wenn Du die Dinge mal aufschreibst und mit etwas Abstand betrachtest. Wie wäre es, wenn jemand anderes sich so verhält. Würdest Du das auch verurteilen?
Nicht alle Schuldgefühle werden sich dadurch auflösen lassen, denn es kann natürlich auch sein, dass Du mit Deinem Verhalten tatsächlich entgegen Deiner Werte gehandelt hast. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, zunächst diesen objektiven Blick auf die Situation zu werfen.

Hinterfrage Deine Schuldgefühle

Aber auch außerhalb der Elternschaft spielen Schuldgefühle eine Rolle. Mein Eindruck ist, dass sich sehr darum bemüht wird, diese nicht wahrzunehmen, was ja sehr verständlich ist, da Schuld ein äußerst unangenehmes Gefühl ist. Meiner Meinung nach auch ein völlig überflüssiges Gefühl. Ich halte es noch nicht mal für ein echtes Gefühl, sondern für eine Bewertung. Aber davon später mehr. Ich würde gerne noch auf einen anderen wichtigen Punkt kommen

Schuldgefühle verhindern Beziehung

Mit Beziehung meine ich nicht nur Liebesbeziehungen, sondern Beziehung in jeglicher Form, also auch Freundschaften oder die Beziehung zum Kind. Für mich ist die Grundlage einer wirklichen Beziehung, dass man sich einander mitteilt. Besonders in den Momenten, in denen etwas nicht passt, wenn ich mich mit etwas nicht wohl fühle. Bleibt das aus, behalt ich also diese Dinge für mich, dann kann keine dauerhaft echte Beziehung entstehen. Etwas steht zwischen mir und dem anderen. Und umgekehrt genauso. Mag sein, dass Kleinigkeiten bis zur nächsten Begegnung vergessen sind und erst mal alles wieder okay ist. Aber wenn eine Verletzung passiert ist oder wenn die Situation gleich bleibt, dann wird dieses unausgesprochene Thema eine wirkliche Begegnung verhindern. Wenn alles an der Oberfläche bleibt, fällt das natürlich nicht weiter auf. Aber eine echte Beziehung kann so nicht entstehen. Echt ist für mich, wenn alles, was gerade lebendig ist, auch da sein kann.

Solche Dinge anzusprechen ist aber schwierig, wenn jemand voll ist mit Schuldgefühlen. Die Schuldgefühle verhindern, dass das eigentliche Anliegen ankommen kann. Das Gesagte wird schnell als Vorwurf empfunden und entweder direkt abgewehrt oder eben unter Schuldgefühlen gehört, aber aufgrund des schlechten Gefühls, nicht wirklich in Herz gelassen. Beides verhindert also ebenfalls echte Begegnung.

Und das unnötigerweise. Denn zu sagen „mich macht es ärgerlich, dass … gerade so ist“, bedeutet ja nur, dass ich ein Problem mit der Situation habe. Ein Mensch mit Schuldgefühlen hört aber „Ich bin Schuld, dass Du ärgerlich bist“. Und hintendran hängt ein Rattenschwanz „Ich bin nicht okay so wie ich bin. Ich bin schlecht“

Aber wie kommt es, dass manche Menschen kaum ein Problem damit haben, während andere davon fast erdrückt werden?
In diesem Fall führt eine übertriebene Verantwortlichkeit zu den Schuldgefühlen. Die Person fühlt sich verantwortlich für die Gefühle der anderen Person. Doch das ist ein Trugschluss. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Und zwischen „Wir machen die Dinge so wie Du sie willst“ und „Wir machen die Dinge so, wie ich es will.“ gibt es immer die Möglichkeit, einen Kompromiss zu finden, der für beide passt. Meiner Erfahrung nach ist genau dafür aber die Voraussetzung, dass die wahren Gefühle geäußert und mit dem Herzen gehört werden können.

Geprägt wird das Schuldbewusstsein in der Kindheit, wenn wir abhängig von den uns umgebenden Erwachsenen sind. Als Kinder übernehmen wir die Art und Weise, wie mit Fehlern, bzw. mit dem Verhalten, dass nicht den Erwartungen entspricht, umgegangen wird. Wir übernehmen die Wertvorstellungen und das Verhalten der Erwachsenen und fühlen uns schlecht oder schuldig, wenn unsere Eltern uns für etwas bestrafen, was offensichtlich nicht erwünscht war. Wer als Kind das Gefühl eingepflanzt bekommt, aufgrund eines Verhaltens nicht in Ordnung oder nicht liebenswert zu sein, fühlt sich auch als Erwachsener in vergleichbaren Situationen schnell schuldig.

Entweder Schuldgefühle oder Verantwortung. Beides gleichzeitig geht nicht.

Das Schuldgefühle wahre Begegnungen verhindern ist, wie ich finde, schon ein guter Grund sie loszuwerden. Falls Du betroffen bist, habe ich aber noch einen anderen Grund für Dich: Sie bringen nicht nur nichts, sie machen die Situation, für die Du Dich ja sowieso schon verurteilst nur noch schlimmer. Denn sie verhindern, dass Du Verantwortung für Dein Handeln übernimmst. Entweder Verantwortung oder Schuld. Beides gleichzeitig geht nicht.

Momentmal denkst Du jetzt vielleicht. Oben hieß es an einer Stelle noch, dass übermäßige Verantwortlichkeit zu Schuldgefühlen führt. Richtig. Aber diese bezieht sich auf das sich Verantwortlichfühlen für die Gefühle des anderen. Das produziert Schuldgefühle. Wenn Du aber Verantwortung für Dein Handeln übernimmst, dann bist Du im aktiven Modus. Du bist in der Lage, etwas zu tun, was der anderen Person hilft, gut tut, was die Situation verbessert. Schuldgefühle dagegen lähmen Dich. Sie lassen Dich im Kopf sein, gefangen in Deinen Bewertungen und Selbstvorwürfen. Du bist dann eher bei Dir und dem schlechten Gefühl als bei dem anderen. Eine Verbindung ist auf dieser Ebene nicht möglich. Eine Verbindung findet von Herz zu Herz statt. Das Herz kennt weder Bewertungen noch Schuld.
In dem Moment, in dem Du Verantwortung übernimmst und ins Handeln kommst, verschwindet das Schuldgefühl. Vielleicht empfindest Du noch Reue oder Bedauern, aber diese Empfindungen haben eine andere Qualität.

Von Schuldgefühlen befreien

In der Theorie zu verstehen, wie Schuldgefühle entstehen, ist aber nur die halbe Miete. Was tun, wenn die Schuldgefühle nicht aus einem viel zu hohen Anspruch entstehen, sondern Du tatsächlich nicht Deinen eigenen Wertvorstellungen entsprochen hast? Wenn Du etwas gemacht hast, was Du wirklich nicht in Ordnung findest und Dir dementsprechend schlecht verzeihen kannst?
Holly Michelle Eckert hat dazu ein schönes Buch geschrieben. Sie beschreibt darin, wie man in 6 Schritten mit Hilfe der Gewaltfreien Kommunikation Schuldgefühle bewältigen kann.

  1. Die Schuld identifizieren
    Schreibe auf, was genau Dich schuldig fühlen lässt.
  2. Benenne Deine „Sollansprüche“
    Hier geht es darum, Deine Urteile aufzudecken. Was meinst Du hättest Du tun oder lassen sollen? Das können viele verschiedene Dinge sein. Schrieb am besten frei von der Leber weg. Manchmal dauert es auch ein wenig, bis man an die wirklich knackigen Punkte kommt, da diese ja besonders ungern wahrgenommen werden. Lies sie Dir im Anschluss noch mal durch und identifiziere die Aussage, die Dich am meisten betroffen macht.
  3. Finde die unerfüllten Bedürfnisse
    Welche Deiner Bedürfnisse wurden durch Dein Handeln nicht erfüllt? Es können eins oder mehrere sein. Nimm sie ernst, auch wenn sie Dir im ersten Moment nicht so wichtig erscheinen.
  4. Nimm die dazugehörigen Gefühle wahr
    Lies Dir die Liste mit den unerfüllten Bedürfnissen in Ruhe durch. Nimm Dir Zeit für jedes Bedürfnis, lass es auf Dich wirken. Welche Gefühle löst es aus, wenn Du das liest? Wie geht es Dir damit? Wichtig ist, diesen Gefühlen wirklich Raum zu geben. Das ist der entscheidende Punkt. Das Bedauern und betrauern der Situation hilft, die Schuldgefühle zu überwinden.
  5. Die Beweggründe verstehen
    Was immer wir tun, tun wir, um uns ein Bedürfnis zu erfüllen. Das positive Bedürfnis hinter Deinem Handeln zu verstehen hilft Dir, Dir selbst zu vergeben
  6. Fortschritte überprüfen und eine Bitte formulieren
    Mit Hilfe der 4 Schritte aus der GfK kannst Du überprüfen, ob Du Dich jetzt freier fühlst.
    1. Beobachtung
      Schau Dir jetzt noch einmal die Ausgangssituation an.
    2. Gefühl
      Wie fühlst Du Dich jetzt damit?
    3. Bedürfnis
      Welches Bedürfnis steht hinter dem ausgesprochenem Gefühl?
    4. Bitte
      Worum möchtest Du Dich selbst im Zusammenhang mit dieser Situation bitten? Es sollte eine konkrete Handlung sein. Dies ist ein wichtiger Schritt, weil er Dich in die Handlung bringt.

Du solltest Dich nach diesem Prozess erleichtert fühlen. Wenn Du trotzdem noch Schuld empfindest, dann führe die Schritte mit einem anderen Punkt der Soll-Liste durch. Vielleicht gibt es noch einen weiteren Aspekt, der beleuchtet werden möchte.

Ich hoffe, Du hast aus dem Artikel ein paar hilfreiche Informationen für Dich rausziehen können. Das Konzept von Schuld ist für mich absolut überflüssig. Es bringt niemanden weiter, führt zu nichts Gutem. Im Gegenteil. Schuldgefühle verdunkeln die Seele, belasten, machen unfrei und können sogar zu Depressionen führen. Ich halte viel von Verantwortung, aber nichts von Schuld. Schuldgefühle beeinträchtigen Deine Lebensfreude. Mach Dich frei davon!

Alles Liebe,
Bela ❤️

PS: Gerne begleite ich Dich auch im Coaching durch so einen Prozess. Wenn Du Interesse daran hast, dann vereinbare doch gleich einen Termin für ein unverbindliches 15 Min. telefonisches Vorgespräch.

Bela Janine Höfer

Seit fast 30 Jahren erforsche ich das Feld der Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie und Spiritualität. Und vermutlich werde ich nicht mehr damit aufhören, denn es hört nicht auf spannend zu sein. 

In diesem Blog teile ich meine Erfahrungen und mein Wissen mit Dir.

Resilient mit dem AIM-Modell

Hol dir das Workbook!

Resilient mit dem AIM-Modell - Workbook Titel

Du meldest dich damit auch zu meinem Inspirationsletter an. Darüber verschicke ich Tipps, Tools und Infos rund um das Thema Resilienz und Stressmanagement. Außerdem bekommst Du Informationen zu meinen Angeboten. Du kannst Dich jederzeit davon abmelden.